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Sehr geehrter Herr Jagau,
der Berichterstattung der HAZ vom 21. Mai 2019 war unter der Überschrift „ewig bremsen die Formulare. Die Bedingungen für Firmengründer sind in Hannover überdurchschnittlich – doch junge
Unternehmen klagen über zu viel Bürokratie“ das Folgende zu entnehmen:
„Hannover. Thilo Haas hat es geschafft. 2005 hat der damals 30 Jahre alte Hannoveraner mit einem Kompagnon einen Onlinehandel für Designmöbel gegründet. Inzwischen gilt seine Firma Connox als
deutschlandweit führend in ihrem Marktsegment, beschäftigt 125 Mitarbei-ter und macht 30 Millionen Euro Jahresumsatz – Tendenz steigend. Start-up-Förderungen aber waren 2005 Mangelware. „Davon
gab es praktisch nichts“, sagt Haas.
Das hat sich geändert. In fast jeder größeren Stadt und vielen Landstrichen existieren heute gut aufgestellte Institutionen für Gründer mit viel Personal und großem Netzwerk. Trotzdem schneidet
Deutschland im neuesten internationalen Gründerbericht (GEM) eher mäßig ab. In zahlreichen Ländern von den USA über Skandinavien bis Asien trauen sich mehr Menschen die Selbstständigkeit zu,
Deutschland liegt nur im Mittelfeld. Erstmals ist jetzt zusätzlich der Versuch unternommen worden, auch das regionale Gründungsklima zu untersuchen – als Pilotprojekt zur GEM-Studie organisiert
von der hannoverschen Leibniz-Universität.
Drei Regionen wurden zunächst untersucht, außer Hannover auch Madrid und Katalonien. Hannover steht tendenziell schlechter da als die spanischen Vergleichsorte, kommt insge-samt aber auf eine
leicht überdurchschnittliche Bewertung (Score) von 5,26 von zehn Punk-ten. Die Infrastruktur zur Unterstützung von Start-ups sei in Hannover besser als der Schnitt, sagt Uni-Doktorand Johannes
von Bloh. Aber die Angebote würden zu schlecht angenom-men. Es fehle überdies im Gegensatz zu Gründermetropolen wie Berlin schlicht an Kapital-gebern – und immer wieder werde zu viel Bürokratie
kritisiert.
Das kann Connox-Gründer Haas bestätigen. Er habe vor sechs Wochen eine Tochterfirma gegründet, „aber auf die Eintragung warte ich noch heute“. Vieles dauere zu lange und sei schwerfällig in einem
Markt, in dem doch eigentlich alles schnell gehen muss. Inzwischen engagiert sich Haas aber als Mentor selbst und coacht junge Gründer etwa in der „Venture-Villa“.
Das Inkubationszentrum für Wagnisunternehmen ist eine Erfindung von Hannoverimpuls, der Wirtschaftsfördergesellschaft der 21 Regionskommunen, gegründet 2003 zur Unterstützung innovativer
Unternehmen. Die Wirtschaftsfördergesellschaft hat ihre Wirkung jüngst untersu-chen lassen und kommt zu einem positiven Ergebnis. 71 Prozent der seit 2015 beratenen Neugründungen seien noch am
Markt. Durchschnittlich beschäftigten sie inzwischen fünf Mitarbeiter und setzten fast 800 000 Euro im Jahr um. 15 Unternehmen, die 2015 und 2016 Fördergeld erhalten haben, hätten seitdem
insgesamt 63 weitere Mitarbeiter eingestellt, den Umsatz um durchschnittlich 29 Prozent steigern können und weitere Investitionen in Höhe von 9,1 Millionen Euro getätigt. An der Spitze von
Hannoverimpuls allerdings gab es zuletzt viel Kritik. Der Chef, Adolf Kopp, ist derzeit krankgeschrieben, sein Vertrag soll nach dem Jahresende nicht verlängert werden. Noch 2019 soll ein neuer
Chef gesucht werden. Zu-nächst führen die Wirtschaftsdezernenten von Stadt und Region, Sabine Tegtmeyer-Dette und Ulf-Birger Franz, nebenberuflich und ehrenamtlich die Geschäfte. Kaum noch
sichtbar sei Hannoverimpuls zuletzt in der Öffentlichkeit gewesen und habe in den sogenannten Clus-tern kaum Erfolge vorweisen können, heißt es in der Politik. Die Schwerpunktthemen lauteten etwa
Gesundheitswirtschaft oder Automobilität, sie waren von den Gesellschaftern vor-gegeben worden. Bei einem Hannoverimpuls-Forum zur Zukunft der Gründerszene schälte sich jetzt allerdings heraus,
dass dieses Clusterdenken ohnehin der Vergangenheit angehö-ren dürfte. Dort sagte etwa Prof. Rolf Sternberg von der Leibniz-Universität, wichtiger als das künstliche Verordnen von
Schwerpunktthemen sei es, ein Klima zu schaffen, das Gründen „hip“ sein lässt – wie es in der Nachkriegszeit in Baden-Württemberg selbstverständlich war und jetzt gerade in Berlin zu erleben ist.
Hannover hat mit seiner finanziell überdurchschnittlich gut ausgestatteten Wirtschaftsfördergesellschaft Hannoverimpuls, mit der „Venture-Villa“, eingespielten Gründungsberatungen an den
Hochschulen und der auf private Initiative gegründeten Innovationsschmiede Hafven bereits viel zu bieten, um für Gründer attraktiv zu sein. Sternberg sagt, dass solche Netzwerke ausschlaggebend
seien für ein funktionierendes Gründerökosystem. Dass ein erfolgreicher Jungunternehmer wie Connox-Chef Haas als Mentor für Start-ups auftrete, sei der richtige Weg. Wichtig sei aber auch, dass
etablierte Unternehmer in einer Region den Kontakt zu innovativen Neugründungen suchten. Davon könnten sowohl die Start-ups profitieren als auch die großen Player am Markt.“
Dem Artikel kann entnommen werden, dass Hannover in Sachen Start-Up Förderung im Durchschnitt zu Vergleichsländern wie Madrid und Katalonien zwar schlechter aufgestellt ist, aber insgesamt eine
überdurchschnittliche Bewertung erhält. Dies liegt sicher auch an den guten Bedingungen der Wirtschaftsförderung der Region Hannover, die Start-Ups eine pas-sende Infrastruktur bietet und auch in
Programmen mit Experten-Wissen helfen kann. Hier seien beispielhaft die Venture Villa oder der Co-Working Space Hafven genannt. Dennoch zeigt sich, dass in manchen Fällen verschiedene
Anforderungen an Start-Ups zu hoch sind und Neugründungen scheitern. Auch die Bürokratie scheint ein Problem zu sein.
Daher bitte ich die Regionsverwaltung um die Beantwortung der nachfolgenden Fragen:
1. Wie werden die in dem Artikel der HAZ beschriebenen „bürokratischen Hürden“ von
der Verwaltung beurteilt und welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung, auf eine Verbesserung von Rahmenbedingungen einzuwirken?
2. Welche Beratungsangebote für Gründungsinteressierte werden in der Region Han-nover angeboten über
a) die Wirtschaftsförderung der Region
b) die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Hannover sowie die übrigen 20 Städte und Gemeinden der Region
c) hannoverimpuls GmbH?
3. Wie viele Gründungsinteressierte wurden 2018 in der Region insgesamt beraten und wie viele Beratungsfälle entfielen dabei auf die Akteure
a) der Wirtschaftsförderung der Region
b) der Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Hannover sowie der übrigen 20 Städte und Gemeinden der Region
c) von hannoverimpuls GmbH?
4. Wie hoch war der Anteil der Beratungsfälle bei hannoverimpuls GmbH in 2018, aus denen eine Gründung umgesetzt wurde oder für 2019 noch zu erwarten ist?
5. Wie viele Unternehmen, die seit Bestehen von hannoverimpuls GmbH 2003 beraten wurden und gegründet haben, sind noch am Markt?
6. Wie viele Unternehmen, die seit Bestehen von hannoverimpuls GmbH beraten wurden und gegründet wurden, sind (noch) in der Region ansässig?
7. Wie viele Arbeitsplätze konnten aus den Gründungen seit 2003 generiert werden?
8. Wie finden Gründungsinteressierte online ein für sie passendes Beratungsangebot und wie sind die Portale der Akteure (Wirtschaftsförderung der Region, Wirtschafts-förderung
der Landeshauptstadt Hannover, Wirtschaftsförderung in den 20 übrigen Städten und Gemeinden) miteinander vernetzt, damit Anfragen im Bedarfsfall ent-sprechend weitergeleitet werden können?
9. Welche Maßnahmen sind aus laufenden Mitteln geplant, um die attraktiven Angebote der Region (Wirtschaftsförderung der Region und hannoverimpuls GmbH) für
Grün-dungsinteressierte noch besser auffindbar zu machen bzw. damit zum Schritt in eine Selbstständigkeit zu ermutigen?
10. Welche konkreten Maßnahmen sind geplant, um im Rahmen der zielgruppenspezifi-schen Beratung mehr Studierende, Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen,
Wissenschaftlerin-nen/Wissenschaftler und Alumni der Leibniz Universität Hannover für die Möglichkeit einer Selbstständigkeit zu sensibilisieren?
Mit freundlichen Grüßen
Georg Meinecke
-Regionsabgeordneter-