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Sehr geehrter Herr Jagau,
in einem medizinischen Notfall sollten Patientinnen und Patienten möglichst schnell in eine Klinik eingeliefert werden. Neben der Geschwindigkeit spielt auch die medizinische und personelle Aus-stattung der aufnehmenden Klinik eine entscheidende Rolle. Bei der Auswahl der geeigneten Klinik müssen medizinische Erwägungen und keine finanzielle Überlegungen im Vordergrund stehen. In diesem Kontext konnte der Berichterstattung der HAZ vom 22.09.2015 unter der Überschrift „Kliniken überfordert: Kein Bett im Notfall, interne Statistik der Region belegt: Viele Stationen weit mehr als die Hälfte der Zeit abgemeldet“ entnommen werden, dass die dramatische Ab-meldesituation von Fachabteilungen in regionseigenen Krankenhäusern tägliche Realität ist und dass diese Krankenhäuser oft mit dieser Herausforderung aufgrund geringer Kapazitäten überfor-dert sind. Folgt man der Berichterstattung der HAZ, dann soll laut einer internen Auswertung der Regionsverwaltung allein die Fachabteilung Neurologie im Jahr 2014 6535,95 Stunden (74,61%) bei der Rettungsleitstelle abgemeldet worden sein.
Das Ausmaß der Abmeldungsproblematik am Klinikum Nordstadt, das in diesen sogenannten „unvalidierten Daten“ in der Veröffentlichung der HAZ zum Ausdruck kommt, muss in dieser Dimension ganz erheblich erschrecken, da es in der Drucksache 2088 (III) AaA vom 15.12.2014 zu den Abmeldungen der Notaufnahme des Klinikums Nordstadt auf Seite 2 lapidar heißt: „Hierüber ist von Seiten des Klinikums keine Dokumentation erfolgt. Die sogenannten Abmeldefaxe wurden zwar zeitweise aufbewahrt, aber nicht systematisch aufgearbeitet. Eine solche Aufarbeitung würde einen erheblichen Personalaufwand erfordern, für den das Klinikum derzeit keine Ressourcen aufwenden kann.“ Angesichts der Tatsache, dass die Neurologie an ca. 272 Tagen im Jahr 2014 vollständig abgemeldet worden ist, kann davon ausgegangen werden, dass angesichts dieses Ausmaßes die Abmeldung an dieser Klinik der Regelfall ist. Rettungswagenpersonal und Notärzte haben dieses in Gesprächen ebenfalls bestätigt und darauf hingewiesen, dass das Problem auch schon seit 2009 besteht. Insofern hätte es unseres Erachtens keiner gesonderten Dokumentation bedurft, um diesen Abmeldungsdauerzustand in der Drucksache 2088 (III) AaA zu benennen.
Vor dem Hintergrund dieser grenzwertigen Informationspolitik seitens der Regionsverwaltung und des erschreckenden Charakters dieser sogenannten „unvalidierten Abmeldedaten“ fragen wir:
1. Wie hat sich die Anzahl der stationär aufgenommenen Notfallpatientinnen und -patienten im Klinikum Nordstadt seit 2009 entwickelt?
2. Wie hat sich die Belegung im Klinikum Nordstadt mit Notfallpatientinnen und -patienten im Bereich Neurologie und Innere Medizin seit 2009 entwickelt? Wie hoch ist der prozentuale Grad der Auslastung in beiden Fachstationen seit 2009?
3. Was hat die Klinikumsleitung seit dem öffentlichen Bekanntwerden dieser Zahlen der Regionsverwaltung in der HAZ am 22.09.2015 unternommen, um dieser systematischen Abmeldungspraxis einzelner Fachabteilungen bzw. von Notaufnahmen entgegenzuwirken? Sind die Kapazitäten in der Neurologie und der Inneren Medizin erweitert worden?
4. Ist eine Abmeldungsquote von rund 75% noch vereinbar mit der Vorgabe gemäß § 13 des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes (NKHG), wonach Krankenhäuser jederzeit die Notfallversorgung von Patienten gewährleisten müssen?
5. Der Drucksache 2088 (III) AaA vom 15.12.2014 ist auf Seite 2 zu entnehmen: „Seit dem 01.08.2014 ist ein entsprechendes Dokumentationsverfahren eingeführt und wird zentral protokolliert. Seit dem 01.08.2014 können entsprechende Daten geliefert werden. Die Validität dieser Daten ist aber immer noch verbesserungsbedürftig, seit Oktober liegen die Daten annähernd valide vor.“
a) Ist der Geschäftsführung der KRH GmbH und der Regionsverwaltung seit dem 01.10.2014 bekannt, wie häufig, für welchen Zeitraum und aus welchem Grund sich Notaufnahmen oder einzelne Fachabteilungen (z.B. Neurologie, Innere Medizin) der KRH Krankenhäuser abmelden?
b) Was hat die Geschäftsführung der KRH GmbH unternommen, um dem Dauerabmeldungszustand in der Neurologie und der Inneren Medizin am Klinikum Nordstadt ab-zuwenden?
c) Existiert in der Region Hannover ein über die einzelnen Kliniken hinausgehendes Intensivbettenmanagement? In welcher Form hält die Regionsverwaltung ein solches für sinnvoll?
6. Wie häufig, für welchen Zeitraum und aus welchem Grund haben sich die Notaufnahme oder einzelne Fachabteilungen (z.B. Neurologie, Innere Medizin) des Klinikums Nordstadt im Jahr 2015 bei der Rettungsleitstelle abgemeldet?
7. Wie häufig wurden 2015 Patiententransporte nach Anfahrt der Notaufnahme des Klinikums Nordstadt umgeleitet, obwohl diese nicht abgemeldet war?
8. Mussten aufgrund einer unverzüglichen Versorgungsnotwendigkeit Patientinnen oder Patienten in der Notaufnahme des Klinikums Nordstadt im Jahr 2015 aufgenommen bzw. behandelt werden, obwohl diese abgemeldet war?
9. Welche Auswirkungen hat die extrem hohe Frequenz von Abmeldungen des Klinikums Nordstadt aufgrund der Kapazitätsauslastung der Neurologie und der Inneren Medizin für die Klinik, die Rettungsdienste und die Notfallpatienten? Wohin werden die Patienten bei Abmeldung transportiert?
Mit freundlichen Grüßen f.d.R.
Andrea Behre Jens Schlayer
-stv. Fraktionsvorsitzende- Fraktionsgeschäftsführer