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Sehr geehrter Herr Jagau,
gut funktionierende und schnell zu erreichende Notaufnahmen in Krankenhäusern retten Men-schenleben. Notaufnahmen übernehmen bei akuten Krankheiten und Unfällen die medizinische Betreuung, Ersteinschätzung, Stabilisierung, Sofortdiagnostik und die notwendige Soforttherapie. In den letzten Monaten ist jedoch bekannt geworden, dass die Notaufnahmen und auch wichtige Fachabteilungen einzelner Kliniken aufgrund personeller und technischer Engpässe regelmäßig gezwungen sind, sich bei der Rettungsleitstelle abzumelden, obwohl dies grundsätzlich überhaupt nicht vorkommen sollte. Die Situation in vielen Notaufnahmen hat sich zugespitzt. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG) weist schon seit langer Zeit auf ein erhöhtes Patientenaufkommen in Notaufnahmen hin. Viele Notaufnahmen arbeiten am Rande ihrer Belastbarkeit, vor allem nachts und an den Wochenenden. Die Personalausstattung ist unzureichend, die Arbeits-verdichtung nimmt zu. Neben langen Wartezeiten werden zunehmend kritische Versorgungssituationen bekannt, die die Sicherheit von Patientinnen und Patienten gefährden. In diesem Kontext berichtete die HAZ in ihrer Ausgabe vom 02.02.2015 unter dem Titel „Kein Platz für Notfälle?“ von den überlasteten Notaufnahmen in der Landeshauptstadt Hannover. „Immer wieder ist es in den vergangenen Wochen zu Engpässen in den Notaufnahmen der hannoverschen Krankenhäuser gekommen. Besonders häufig melden sich alle neurologischen Stationen bei der Rettungsleitstelle ab, aber es kommt auch vor, dass die internistischen Stationen dies tun.“
Neben den organisatorischen und personellen Problemen in den einzelnen Krankenhäusern kommt ein weiterer Grund für Abmeldungspraxis der Notaufnahmen erschwerend hinzu. Denn in den Notaufnahmen erscheinen auch immer mehr Patienten, die eigentlich in die Praxis eines Niedergelassenen Arztes oder – wenn die Praxen geschlossen sind – in den Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen gehören. Diese behindern im Zweifel die Versorgung der tatsächlichen Notfallpatienten und „verstopfen“ die Notaufnahmen. Dieser Zusammenhang konnte der Berichterstattung der HAZ vom 06.02.2015 unter dem Titel „Feuerwehrchef greift niedergelas-sene Ärzte an – Bereitschaftsdienst ist schlecht organisiert und führt zu chaotischen Zuständen in den Notaufnahmen“ entnommen werden. Der Feuerwehrchef von Hannover äußerte in dem Artikel deutliche Kritik an dem ärztlichen Bereitschaftsdienst: „Der von der Kassenärztlichen Vereinigung (KVN) organisierte ärztliche Bereitschaftsdienst in der Landeshauptstadt und im Umland ist ausgedünnt und schlecht organisiert“. Folgt man der Kritik des hannoverschen Feuerwehrchefs, dann würden die Krankenhäuser in der Region jedoch einen wesentlichen Teil des Versorgungs-auftrages übernehmen, den eigentlich die zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen mit ihren Mitgliedern erfüllen könnten oder müssten. Auch stellt sich die Frage vor allem in ländlichen Regionen, da notärztliche Dienste in der Fläche geschlossen und Versorgungsregionen zusammenge-legt werden. Hierdurch müssen Patientinnen und Patienten weite Wege in Kauf nehmen und suchen verstärkt auch bei Bagatellerkrankungen gleich das Krankenhaus auf.
Um einschätzen zu können, wie stark die Notfallversorgung der Einwohnerinnen und Einwohner in der Region Hannover von den personellen und organisatorischen Defiziten betroffen ist, bitte ich um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Situation der klinischen Notaufnahmen in der Region Hannover
1. Wie viele klinische Notaufnahmen gibt es in der Region Hannover, und wie viele Patientinnen und Patienten suchen diese durchschnittlich auf?
2. Wie hat sich nach Kenntnis der Regionsverwaltung die Auslastung der klinischen Notaufnahmen in der Region Hannover seit 2005 entwickelt?
3. Hat es nach Kenntnis der Regionsverwaltung eine Steigerung bei den Patienten- und Behandlungszahlen gegeben?
4. Wie lange müssen Patientinnen und Patienten nach Kenntnis der Regionsverwaltung auf eine Behandlung durchschnittlich und höchstens warten, und wie haben sich die Wartezeiten in den letzten zehn Jahren verändert?
5. Im welchem Verhältnis hat sich der Personalschlüssel im Bereich der Notaufnahmen in den letzten zehn Jahren im Verhältnis zum Patientenaufkommen entwickelt?
6. Gibt es Hinweise auf eine Zunahme der Überlastungs- beziehungsweise Gefährdungs-anzeigen des in Notaufnahmen tätigen Pflegepersonals? Wenn ja, in welcher Anzahl und für welche Tage und Situationen (tagsüber, nachts, Wochenenden, Urlaubszeiten, Krankheitsausfälle etc.)?
7. Wie häufig, für welchen Zeitraum und aus welchem Grund haben sich die klinischen Not-aufnahmen in der Region Hannover in den letzten zehn Jahren bei der Leitstelle abgemeldet?
a. Welche Facheinheiten in den einzelnen Krankenhäusern sind von der Abmeldung besonders betroffen und wo liegen die Gründe hierfür?
b. Wie häufig, wie dauerhaft und wie begründet haben sich Fachabteilungen in den einzelnen Krankenhäusern seit 2005 abgemeldet?
c. Kommt es vor, dass die Notaufnahme aufgrund fehlender Kapazitäten in be-stimmten Fachabteilungen nur partiell, d.h. für bestimmte Krankheits-/Notfallbilder gesperrt wird andere aber noch angenommen werden?
d. Kommt es vor, dass Patientinnen und Patienten infolge von abgemeldeten Not-aufnahmen bzw. Fachabteilungen in Krankenhäuser außerhalb des Regionsgebiet (z. B. Nienburg, Celle, Hildesheim) gefahren werden mussten? Wenn ja, wie oft ist dieses seit 2005 passiert?
e. Kann die Regionsverwaltung ausschließen, dass infolge von abgemeldeten Not-aufnahmen bzw. Fachabteilungen und damit verlängerten Rettungszeiten die betroffenen Patientinnen und Patienten keinen gesundheitlichen Schaden erlitten haben?
8. Wie viele der in Kliniken eingewiesenen Patientinnen und Patienten wurden über die Notaufnahme eingewiesen?
9. Wie hoch ist der Anteil der Notfallpatientinnen und -patienten an den Erlösen in den Krankenhäusern in der Region Hannover?
10. Wie ist die durchschnittliche Erreichbarkeit einer klinischen Notaufnahme (in Fahrminuten bzw. in Kilometern)? Bitte differenzieren Sie zwischen dem Gebiet der Landeshauptstadt Hannover und dem des ehemaligen Landkreises Hannover!
11. Sind der Regionsverwaltung Bereiche im Regionsgebiet (besonders im ländlichen Raum) mit einer unzureichenden Versorgung durch klinische Notfallaufnahmen bekannt?
12. Können an allen klinischen Notaufnahmen der Krankenhäuser im Gebiet des ehemaligen Landkreises Hannover Patientinnen und Patienten mit lebensbedrohlichen Zuständen (wie z. B. Schlaganfall, Herzinfarkt, Unfallverletzungen) versorgt werden? Wenn nein, was hat die Regionsverwaltung unternommen, um diese Versorgungslücken zu beseitigen?
13. Ist die zeitliche Entfernung in der Region Hannover (unabhängig vom Wohnort) von allen Orten der Region zur nächsten klinischen Notaufnahme (auch für Patientinnen und Patienten mit lebensbedrohlichen Zuständen (wie z. B. Schlaganfall, Herzinfarkt) gleich lang?
14. Wie viele Kliniken in den ländlichen Gebieten der Region nehmen nicht mehr vollständig an der Notfallversorgung teil?
2. Notfalldienst der Kassenärztlichen Vereinigung in der Region Hannover
1. Wie hoch ist der Anteil von Patientinnen und Patienten, die statt des ärztlichen Bereitschaftsdienstes eine klinische Notaufnahme aufsuchen?
2. Kommt die Kassenärztliche Vereinigung aus Sicht der Regionsverwaltung dem Sicherstellungsauftrag nach § 75 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) hin-sichtlich der ärztlichen Bereitschaftsdienste aktuell flächendeckend und uneingeschränkt nach?
Mit freundlichen Grüßen f.d.R.
gez. Bernward Schlossarek Niels Schröder -Fraktionsvorsitzender- -Referent-