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Sehr geehrter Herr Jagau,
die CDU-Fraktion Region Hannover bittet um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Gibt es über die im Logistikflächenkonzept 2020 für den Bereich der Landeshauptstadt Hannover genannten Flächen hinaus weitere Flächen, die für die Ansiedlung von Logistikunternehmen zur Verfügung stehen?
a.) Wenn ja, warum wurden diese Flächen nicht in das Logistikflächenkonzept 2020 aufgenommen?
b.) Wenn nein, warum weist die Landeshauptstadt Hannover Flächen für die Ansiedlung von Amazon bzw. Netrada aus?
2. Gibt es andere Flächen in der Landeshauptstadt Hannover und zusätzlich im Umland zu den bereits im Konzept genannten, die die Kriterien für eine Trimodalität erfüllen? Wenn ja, wo?
3. Welche Kriterien müssen vorliegen, damit eine Fläche für eine Logistikansiedlung in Frage kommt? Wie wurden die Kriterien erstellt?
4. Wie ist die Fläche für das zukünftige Netrada-Gelände im Raumordnungsprogramm abgesichert?
5. Wann hat die Regionsverwaltung offiziell von der Ansiedlung Netradas erfahren?
6. Welche Stellungnahme gab die Regionsverwaltung als Träger öffentlicher Belange zu den Ansiedlungsplänen ab?
7. Ist der Region Hannover die Anzahl der Arbeitsplätze an den verschiedenen Standorten von Netrada im Regionsgebiet bekannt? Wenn ja, wie viele sind es jeweils?
8. Wie viele zusätzliche (neue) Arbeitsplätze sind am Netrada Standort Messe geplant bzw. an anderen Standorten der Region?
9. Welche Auflagen gibt es bezüglich der Schaffung neuer Arbeitsplätze? Und wenn ja, wie ist die Schaffung der neuen Arbeitsplätze vertraglich abgesichert?
10. Gibt es über potentielle Gewerbeansiedlung einen Informationsaustausch zwischen den Kommunen? In welchen Fällen wird die Regionsverwaltung von sich aus aktiv?
11. Wie sollen die Grundstückskäufe für das Logistikflächenkonzept 2020 finanziert werden?
12. Wie werden die allgemeinen Grundstückserschließungskosten finanziert?
13. Wie werden die Sondererschließungen für Gleise und Umschlagplatz am Mittelland-Kanal finanziert?
14. Zu welchen finanziellen und technischen Bedingungen ist die Deutsche Bahn AG bereit, ei- nen Gleisanschluss für das Logistikzentrum zu akzeptieren?
15. Wie lautet die Stellungnahme der Deutschen Bahn AG zur Anbindung der Logistikflächen Barsinghausen/Wunstorf an das Schienennetz?
16. Wer übernimmt die Folgekosten für den Gleisanschluss?
17. In welchen Zeiträumen ist die Refinanzierung des Logistikflächenkonzeptes geplant?
18. Wird die Firma Syncreon weiter an ihren Erweiterungsplänen festhalten, wenn der Gleisanschluss nicht realisierbar ist?
Im Bereich des Flughafen Langenhagen gab es Flächenan- und –verkäufe durch den ehemaligen Kommunalverband Hannover bzw. in dessen Auftrag durch Grundstücksgesellschaften.
19. Welche Grundstücke wurden wann und wo zu welchem Preis erworben?
20. Wie groß waren diese Grundstücke?
21. Wie hoch waren die Erschließungskosten für die einzelnen Grundstücke?
22. Wann und wo wurden welche Flächen zu welchem Preis verkauft?
23. Wie groß waren die verkauften Grundstücke?
Für die Beantwortung der Fragen 19. – 23. bitten wir um eine tabellarische Darstellung.
24. Welche Grundstücksgesellschaften waren ggf. beim An- und Verkauf durch den KGH bzw. der Rechtsnachfolgerin Region Hannover beteiligt?
Mit freundlichen Grüßen
Eberhard Wicke
-Fraktionsvorsitzender-
Die Anfrage wird wie folgt beantwortet:
Zu Frage 1)
Das vorliegende Logistikflächenkonzept wurde mit den Kommunen abgestimmt. Hierzu fand im Jahr 2009 eine Abfrage von Logistikflächenpotenzialen statt. Die sogenannte Netrada-Fläche, im Logistikflächenkonzept unter der Bezeichnung „LHH/Bemerode, Weltausstellungsgelände“ aufgeführt, wurde in Abstimmung mit der Landeshauptstadt Hannover nachträglich in diese Bestandsaufnahme einbezogen.
Weitere regional bedeutsame Logistikflächenpotenziale, die den Mindestanforderungen an Ergänzungsstandorte (Typ B) des Konzeptes (vgl. Ausführungen zu Frage 3) und den bekannten Zielvorstellungen der Landeshauptstadt Hannover (entsprechend den „Leitlinien der Gewerbeflächenentwicklung 2012 bis 2020“ der Landeshauptstadt Hannover, 2012) entsprechen, sind nach derzeitigem Kenntnisstand nicht verfügbar oder in Planung. Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass sich in bestehenden Gewerbe- oder Industriegebieten in rechtswirksamen Bebauungsplänen auch einzelne Logistikbetriebe ansiedeln können oder dass sich weitere Potenziale durch Umnutzung von Gewerbeflächen oder Wiedernutzung von Brachflächen erschließen lassen.
Zu Frage 2)
Als potenzielle Logistikfläche mit Trimodalqualität, d. h. Anbindungsmöglichkeit an die drei Verkehrsträger Straße, Schiene, Binnenschiff, ist die Deurag-Nerag-Fläche in der Landeshauptstadt Hannover zu nennen. Sie war in einer ursprünglichen Bestandsaufnahme der Flächenpotenziale (2009) enthalten, im Rahmen des weiteren Verfahrens wurde sie in Abstimmung mit der Landeshauptstadt Hannover jedoch wegen der ungünstigen Verkehrsanbindung, die Wohngebiete berührt, und der erheblichen Altlasten nicht mehr berücksichtigt. Direkt am Mittellandkanal gelegene Teile der Fläche sind allenfalls als reine Umschlagflächen von der Schiene auf das Binnenschiff geeignet, nicht jedoch als Logistikfläche mit größerem LKW-Verkehrsaufkommen.
Berücksichtigung gefunden hat als „Sonderfläche S 2“ der Lindener Hafen in der Landeshauptstadt Hannover, der prinzipiell ebenfalls eine trimodale Anbindung besitzt. Hier könnten allerdings lediglich Flächen im Zuge von Umstrukturierungen (ca. 34 ha) bereitgestellt werden und dienen der Eigenentwicklung der Städtischen Häfen Hannover. Auch hier ist die Verkehrsanbindung für den LKW-Verkehr als ungünstig zu bewerten (Anbindung über den Westschnellweg an die Autobahn nur bei Durchfahrt von Wohngebieten möglich).
Im Umland stehen außer dem Logistikschwerpunkt Barsinghausen/Wunstorf keine weiteren trimodalen Flächenpotenziale zur Verfügung.
Zu Frage 3)
Eine Systematik zur Bewertung der Logistikflächenpotenziale findet sich auf Seite 5 des Logistikflächenkonzeptes (Anlage 1 der DS 0322/2012). Dieser Kriterienkatalog wurde gemeinsam von der Regionalplanung und der Wirtschaftsförderung der Region Hannover entwickelt und berücksichtigt sowohl Anforderungen der Logistikwirtschaft wie auch der Raumordnung. Im November 2008 fand ein Workshop statt, in dem der Kriterienkatalog des Logistikflächenkonzeptes namhaften Projektentwicklern vorgestellt wurde, die drittverwendungsfähiger Mietimmobilien für Logistikzentren erstellen. Darüberhinaus verfügt die Wirtschaftsförderung über umfassende Erfahrungen der Marktanforderungen aufgrund der langjährigen aktiven Bearbeitung des Logistiksektors.
Zu Frage 4)
Da es bereits zuvor im Flächennutzungsplan Darstellungen von Bauflächen und auch rechtswirksame Bebauungspläne gab, ist die Fläche im Regionalen Raumordnungsprogramm 2005 (RROP 2005) als „vorhandener bzw. bauleitplanerisch gesicherter Siedlungsbereich“ nachrichtlich dargestellt. Einer baulichen Gewerbeflächenentwicklung zur Sicherung und Entwicklung von Arbeitsstätten im Umfeld der Messe stehen daher raumordnerische Belange nicht entgegen.
Zu Frage 5)
Von den Ansiedlungsverhandlungen Netradas für Flächen in der Nähe des Messegeländes in Hannover wurde die Regionsverwaltung am Tag der Pressekonferenz informiert.
Zu Frage 6)
Zur 222. Änderung des Flächennutzungsplans und zum Bebauungsplan Nr. 1764 „Östlich Weltausstellungsallee“ der Landeshauptstadt Hannover sind bereits seit Oktober 2011 in mehreren Beteiligungsschritten umfangreiche Stellungnahmen abgegeben worden. Diese behandelten naturschutzrechtliche Belange (z.B. erforderliche Brutvogelkartierungen) wasserrechtliche Belange (z.B. erforderliche wasserrechtliche Genehmigungen), bodenschutzbehördliche Belange (z.B. Hochofenschlacke, Altablagerung ehemalige Deponie Bemerode I) sowie Belange der Wirtschaftsförderung (Standort ist im Entwurf des regionalen Logistikflächenkonzepts der Region Hannover berücksichtigt), der Regionalplanung (Ziele der Raumordnung stehen der Planung nicht entgegen) und des ÖPNV (Veränderung der heutigen Buslinien erforderlich). Darüber hinaus gab es mehrere Abstimmungsgespräche zwischen der Landeshauptstadt Hannover und der Region Hannover, zuletzt im Juni diesen Jahres. Auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse und entsprechender Änderungen der Planunterlagen fand im Juli/August 2012 eine erneute Beteiligung der Region Hannover statt. Diese Feinabstimmung erfolgte insbesondere im wasser- und bodenschutzrechtlichen Bereich.
Zu Frage 7)
Netrada ist eine 100 % Tochtergesellschaft des Hamburger D+S Konzerns mit insgesamt 7.000 Mitarbeitern in Europa. Netrada betreibt in der Region Hannover an mehreren Standorten Logistikzentren für den Internethandel renommierter Textilunternehmen (u.a. Esprit, C&A, Boss, Hilfiger, Puma). Das in der Region Hannover seit Jahren stark expandierende Unternehmen (ehemals Heycom) beschäftigt in ihrem Hauptsitz in Garbsen ca. 1.500, in Lehrte durch die Nachnutzung der DHL Immobilie an der Industriestraße ca. 500 und in Langenhagen/Airport Business Park in einer Logistikimmobilie von „Prologis“ ebenfalls ca. 500 Mitarbeiter. 2011 wurden in Hannover-Vahrenwald 200 neue Arbeitsplätze für IT-Spezialisten geschaffen.
Zu Fragen 8) und 9)
Nach Auskunft der Landeshauptstadt Hannover erfolgt die Umsetzung des Vorhabens in drei Baustufen. In der ersten Baustufe werden mindestens 500 zusätzliche Dauerarbeitsplätze in der Region geschaffen. Langfristig sollen am Standort des Distributionszentrums über 1000 Menschen beschäftigt werden. Zudem plant NETRADA am Standort des Distributionszentrums ein Verwaltungsgebäude mit Kapazitäten für bis zu 800 Beschäftigte zu errichten.
Die Verpflichtung im ersten Bauabschnitt mindestens 500 sozialversicherungspflichtige zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, ist detailliert vertraglich geregelt und bei Nichteinhaltung mit einer zu zahlenden Summe in Millionenhöhe sanktioniert. Außerdem verpflichtet sich NETRADA mindestens 2/3 der nachzuweisenden zusätzlichen Dauerarbeitsplätze mit Personen zu besetzen, die NETRADA selbst und nicht über Leiharbeitsfirmen einstellt.
Zu Frage 10)
Bei Standortanfragen, die an die Region Hannover gerichtet werden, gibt es zwischen den Kommunen und der Region Hannover ein abgestimmtes Verfahren. Das Anforderungsprofil für eine Gewerbefläche oder eine Bestandsimmobilie wird in anonymisierter Form an die Kommunen weitergeleitet, die dann entsprechende Gewerbegrundstücke oder Bestandsimmobilien benennt. Die Unterlagen werden von der Region Hannover aufbereitet und an den Interessenten weitergegeben. Bei einer Besichtigung der Standorte werden die Kommunen eingebunden. Ab dem Zeitpunkt der Entscheidung für einen Standort wird das Unternehmen durch die Kommune betreut.
Wird eine Standortanfrage an eine Kommune direkt gerichtet, erfolgt eine Information über einen Flächenverkauf über das Gewerbeflächenmonitoring. Vielfach ist es Wunsch des Unternehmens, die Ansiedlung solange geheim zuhalten, bis alle Verträge unterzeichnet sind. Dieser Wunsch wird von den Kommunen im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem ansiedlungswilligen Unternehmen respektiert.
Zu Fragen 11) bis 17)
Für die Teilfläche „Wunstorf/Eichriede“ (Trimodalstandort) liegt inzwischen eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der SCI Verkehr GmbH (Köln) vor, deren Ergebnisse am 28.06.2012 im Ausschuss für Wirtschaft und Beschäftigung vorgestellt und den Fraktionen schriftlich zur Verfügung gestellt wurden. Das Konzept sieht vor, einen Projektentwickler mit dem Ankauf der Flächen, der Grundstückserschließung sowie der Umsetzung der Schienen-und Hafenanbindung zu beauftragen. Grundlage der Projektentwicklung sind die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Diese sieht vor, dass der Grundstücksverkaufspreis eine Infrastrukturumlage beinhaltet, aus der die allgemeinen Grundstückserschließungskosten wie auch die „Sondererschließungen“ für Gleise und Umschlagplatz abgedeckt werden sollen. Zusätzlich ist vorgesehen, Fördermittel für das Projekt einzuwerben. Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung geht im Falle einer bi- oder trimodalen Nutzungskonzeption, die sowohl von der Region wie auch der Stadt Wunstorf prioritär verfolgt wird, von einer zügigen Flächenumsetzung nach Bereitstellung der Verkehrsinfrastrukturen aus. Als Zeithorizont für die Flächenumsetzung der Teilfläche „Wunstorf/Eichriede“ ist von 10 bis 15 Jahren auszugehen.
Zu Frage 18)
Für die Ansiedlung der Firma Syncreon ist durch die Vorgaben ihrer Kunden Volkswagen und Audi zur Nutzung alternativer Verkehrsträger im Warenein- und ausgang ein Gleisanschluss zwingend notwendig und somit ein entscheidender Standortfaktor. Die Realisierung des Gleisanschlusses muss allerdings nicht zum Zeitpunkt der Ansiedlung von Syncreon erfolgen sondern sollte eine verläßliche, mittelfristige Option für die Planungssicherheit des Unternehmens darstellen.
Zu Fragen 19) bis 23)
Grundstücksverkäufe unterliegen einem besonderen Vertrauensschutz, so dass eine Darstellung der Eckwerte der Flächenverkäufe nur über eine generalisierte Darstellung erfolgen kann.
Die Flächen im Airport Business Park Süd II (Region Hannover) mit einer Größe von 28,2 ha wurden 1982 im Rahmen einer Sonderung/Umlegung vom damaligen Zweckverband Großraum Hannover erworben. Die Gewerbeflächen im Airport Business Park Süd II wurden von der Region Hannover in den Jahren 2007 (12,5 ha), 2009 ( 7,9 ha) und 2012 ( 7,8 ha) veräußert.
Die Flächen im Airport Business Park Süd I (Hannover Region Grundstücksgesellschaf mbH & Co. KG) mit einer Größe von 45 ha wurden 1996/1997 erworben. Die Gewerbeflächen im Airport Business Park Hannover Süd I wurden in den Jahren 1996/2000 (5 ha), 1998 (5 ha), 2007 (27 ha), 2008 (7 ha) veräußert
Die Preise sind in allen Fällen marktüblich gewesen und mit dem Katasteramt Hannover bzgl. der Orientierung an den Bodenrichtwerten abgestimmt worden.
Zu Frage 24)
Die Gewerbeflächen im Airport Business Park Hannover wurden von der Region Hannover gemeinsam mit den Grundstückseigentümern HRG und Flughafen überregional vermarktet. Die Verhandlungen über den konkreten Grunderwerb mit dem jeweiligen Erwerber wurden ausschließlich von den Eigentümern geführt.